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Warum das neue Fernbusangebot einem vernünftigen öffentlichen Verkehr im Wege steht!

Busbf KA hinter Hbf:  Erweiterung geplant! Foto: Heiko Jacobs

ÖV aus einem Guss

Nachdem bis Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhundert nur die allergrößten Ballungsräume Verkehrs- und Tarifverbünde hatten, wuchs die Erkenntnis bei den Verantwortlichen, dass aller öffentlicher Verkehr (ÖV) aufeinander abgestimmt und miteinander verknüpft werden sollte. Dabei entstanden fast in ganz Deutschland flächendeckende Verbünde. Nicht nur einheitliche und durchgängige Tarife wurden angestrebt und größtenteils auch verwirklicht, auch die Fahrpläne wurden aufeinander abgestimmt. Schlagwörter wie „mit einer Fahrkarte durch Stadt und Land“ oder „öffentlicher Verkehr aus einem Guss“ waren fast überall zu hören. So ist z. B. im ÖPNV-Gesetz von Baden-Württemberg von 1995 folgendes zu lesen:

Öffentlicher Personennahverkehr soll im gesamten Landesgebiet im Rahmen eines integrierten Gesamtverkehrssystems als eine vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr zur Verfügung stehen.

Interessant ist die Passage: „integriertes Gesamtverkehrssystem“, die keinen anderen Schluss zulässt, als dass der ÖV, auch fahrplanmäßig, aufeinander abgestimmt werden muss. Eigentlich müsste das in Deutschland ausreichen: flächendeckender Fernverkehr im Takt und darauf abgestimmt der regionale und lokale Nahverkehr. Warum wir das noch nicht überall haben, liegt daran, dass Bund, Länder und Kreise nicht genügend Mittel für den ÖV zur Verfügung stellen. Die Kreise, die für den Stadt- und Busverkehr zuständig sind, versuchen inzwischen, einzelne Leistungen zu kürzen oder gar manche Buslinien ganz einzustellen. Jüngstes Beispiel ist die Streichung von Angeboten auf der Schwarzwaldhochstraße. Man bedenke, das bereits dünne Angebot wurde noch mehr gekürzt, obwohl gerade im zukünftigen Nationalpark Nordschwarzwald ein attraktives Busangebot vorgehalten werden sollte! Besser die Busse fahren auf der Schwarzwaldhochstraße als im Rheintal parallel zur Rheintalbahn.

Besser weniger als mehr Systeme, zu viele Köche verderben den Brei

Nun leben wir in einer Zeit, in der das Wort Innovation einen sehr hohen Stellenwert besitzt. Fast täglich ist der Presse zu entnehmen welche „segensreiche“ Entwicklungen im E-Bereich zu verzeichnen sind. Dabei dreht sich alles um den batteriebetriebenen Individualverkehr (IV). ÖV, der schon lange elektrisch verkehrt, ist da außen vor. Noch nicht einmal der elektrische O-Bus schafft es in die verbreitete Diskussion zu kommen. Da steht die weit verbreitete Windschutzscheibenperspektive wieder einmal Pate. Ausgesprochen effektiv sind Schienenfahrzeuge ab einem gewissen Aufkommen an Fahrgästen. Sehr bewährt haben sich für schwächere Anschlussrelationen abgestimmte Busanschlüsse. Erst für ganz schwach besiedelte Gebiete (Streusiedlungen, einzelne Weiler) passen beide Systeme nicht mehr. Jetzt kommt der Anrufbus, das Anruftaxi oder auch der Bürgerbus ins Spiel. In jüngster Zeit wird für diese letzten Strecken das Pedelec angedacht. Mehr braucht das öffentliche Verkehrssystem nicht!

Innovation ja, aber passend: Park & Bike, Radverkehr, Park & Ride, Kiss & Ride, Car to go, u. v. m.

Integrierte Verkehrssysteme und integrierte Verkehrsmittelnutzung sind derzeit bei vielen Verkehrsveranstaltungen im Vordergrund der Diskussionen. Die Verknüpfung öffentlicher Verkehrsmittel mit den Fahrzeugen des IV hat natürlich schon einen gewissen Reiz. Dabei wird aber verkannt, dass das private Fahrzeug ja nicht jedem zur Verfügung steht und nicht an allen ÖV-Haltestellen Leihfahrzeuge vorgehalten werden können. Also ist der Zugang zu individueller Fahrzeugnutzung begrenzt. Die Mitnahme von Fahrrädern in den öffentlichen Verkehrsmitteln stößt schon aus Kapazitätsgründen an seine Grenzen und nicht jeder will und kann immer auf ein Fahrrad zurückgreifen. Im Übrigen fühlen sich zunehmend Fahrgäste durch die Radmitnahme belästigt! Bei der neuesten Variante, dem Park & Bike, also eine Verknüpfung von Auto und Fahrrad, ist der ÖV ganz außen vor. Diese ganzen Maßnahmen binden unnötig viele Gelder und Kapazitäten, die eher dafür verwendet werden sollten, um den eigentlichen ÖV flächendeckend anbieten zu können.

Je mehr Individualität, desto weniger Zuverlässigkeit

Die jetzt eingeführten Fernbuslinien versprechen dem einzelnen Fahrgast mehr individuelle Betreuung während seiner Fahrt als mit dem herkömmlichen Schienenverkehr. Und mit Sicherheit wird es bei nachfragestarken Relationen und Zeiten gute Angebote geben. Auch preislich wird der Fernbusverkehr besser als die Bahn abschneiden. Die Gründe liegen auf der Hand: Während für jeden Zugkilometer Trassengebühren und an den Halten Stationsgebühren anfallen, fährt der Bus auf allen Straßen umsonst. Es gibt auch für den Bus kein Eisenbahnbundesamt (EBA), das mit scharfen Sicherheitsauflagen die Kosten beim Schienenverkehr in die Höhe treibt und den Betrieb erschwert.

Trotzdem wird der Fernbus kein flächendeckendes Angebot bieten und auch in Schwachlastzeiten wird man ihn vergeblich suchen. Was sein wird, sind Rosinenpickereien, die dazu führen werden, dass wegen Einnahmeverlusten im parallelen Schienenverkehr dessen Angebot auf schwach frequentierten Strecken und zu Schwachlastzeiten schlechter werden wird. Gerade dort und dann wird aber kein privater Bus zur Verfügung stehen. Das ÖV-System wird sich noch weiter von einem flächendeckenden zeitlich ausgedehntem Angebot entfernen.

Zusammenfassung:

Regelmäßige Angebote, Verlässlichkeit und flächendeckende integrale Taktverkehre! Der Fahrgastverband Pro Bahn hat schon immer angebotsorientierten öffentlichen Verkehr gefordert, der den Schienenverkehr und den ergänzenden Busverkehr in hervorragender Weise miteinander verknüpft, so dass in Deutschland ein flächendeckendes ÖV-System aus einem Guss vorgehalten werden kann, auch zu abendlichen Schwachlastzeiten und am Wochenende. Dabei ist selbstverständlich, dass Fahrpläne und Tarife aufeinander abgestimmt werden.

Der Fernbus kannibalisiert dieses System und wird deshalb von Pro Bahn abgelehnt.

Gerhard Stolz

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 1/13

Stand des Artikels: 2013! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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