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  BUZO   

Fruchtbare Erde durch Terra Preta und Bokashi

Beim Brennen von Pflanzenholzkohle: Der blaue Behälter ist eine „Kon-Tiki“-Wanne, rechts ein aus zwei Fässern selbst hergestellter Pyrolyseofen. Unten sind die Löcher für die Luftzufuhr zu sehen. td>
Erfolgreiches Balkongärtnern mit Bokashi
Bokashi-Eimer in der Küche; Alle Fotos: Angelika Weißer

Im Januar organisierte Mari Däschner in der BUZO ein Treffen der Fächergärtner, bei dem auch Armin Siepe dabei war, ein Spezialist für Bodenkunde. Seit seinem Ruhestand setzt er sich mit großem Engagement für die Verbreitung von Terra Preta ein. Nur wenige von uns hatten bis zu diesem Zeitpunkt schon von der Terra Preta gehört. Er bot uns an, einen Vortrag über Terra Preta zu halten, was wir voller Neugier gerne annahmen und organisierten. Der Vortrag im März begeisterte uns so, dass gleich ein 2. Termin im Juni vereinbart wurde.

Die Terra Preta, portugiesisch für „schwarze Erde“, wurde erst vor etwa 50 Jahren wiederentdeckt. Vor langer Zeit wurde sie von den Indigenen im eigentlich wenig fruchtbaren Amazonasbecken in einem jahrhundertelangen Prozess geschaffen und intensiv genutzt. Obwohl auch viele andere frühere Kulturen die Vorteile der Terra Preta kannten, geriet sie im Laufe der Jahrhunderte wieder in Vergessenheit. Sie gilt als der fruchtbarste Boden der Welt. Leider ist sie bisher bei uns selbst bei Gartenfreunden noch wenig bekannt. Wahrscheinlich ist das so, weil sich damit weniger Geld verdienen lässt als mit chemischem Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Die heutige Landwirtschaft belastet unsere Böden oft bis zur Zerstörung von Humus und Bodenleben. Unnatürliche Vorgehensweisen wie das Pflügen, das das Bodenleben durcheinanderwirbelt und zerstört, riesige Monokulturen sowie das Blankliegenlassen von Feldern ohne Mulchen verstärken die negativen Folgen. Bei Böden, die mit Terra Preta gemischt wurden, sind schädliche und teure chemische Eingriffe in die Natur meist nicht nötig.

Die Hauptbestandteile von Terra Preta sind Pflanzenkohle und Kompost. „Pflanzenkohle bleibt Jahrhunderte bis Jahrtausende im Boden stabil, weil sie chemisch kaum mit den anderen Bodenstoffen reagiert und behält ihre Wirksamkeit über den gesamten Zeitraum bei. Ihre riesige Oberfläche wirkt wie ein Schwamm und kann das Fünffache ihres Gewichts an Wasser sowie erhebliche Mengen an Nährstoffen speichern. Bringt man Kohle pur in den Boden, würde sie die dort vorhandenen Nährstoffe aufsaugen und so den Pflanzen entziehen. Deshalb muss Pflanzenkohle vorher immer mit Nährstoffen „aufgeladen“ werden.“ 1) Dies geschieht, indem die Pflanzenkohle einige Monate mit Kompost vermischt vergraben wird, so dass Bodentiere und Mikroorganismen sie zu Humus verarbeiten können. Terra Preta aktiviert und regeneriert das Bodenleben und baut eine stabile, nachhaltige Humusschicht auf, die sich erstaunlicherweise nicht verbraucht. (Dies konnte u. a. im Amazonasbecken nachgewiesen werden, wo die Terra Preta nach Jahrhunderten bzw. Jahrtausenden noch zu finden ist!) Die in der Terra Preta enthaltenen Nährstoffe werden nicht weggeschwemmt und können von den Pflanzen genau dann genutzt werden, wenn sie gebraucht werden. In Versuchen konnte man nachweisen, dass Pflanzen „instinktiv“ ihre Wurzeln dorthin wachsen lassen, wo sie die benötigten Nährstoffe finden. Zusätzlicher Dünger ist nicht mehr notwendig. Durch die hohen Temperaturen bei der Pyrolyse kann Pflanzenholzkohle Schadstoffe aller Art binden. Den gleichen Effekt hat die Aktivkohle.

Aufgrund all der positiven Eigenschaften werden die Pflanzen weniger anfällig für Schädlinge und Krankheiten, sie blühen üppiger und haben reichere Erträge. Es gibt jedoch noch einen weiteren, sehr wichtigen Vorteil: Mit der Terra Preta kann aktiver Klimaschutz betrieben werden, denn durch die Pflanzenkohle wird langfristig CO2 im Boden gespeichert. Pflanzen nehmen das klimaschädliche CO2 aus der Atmosphäre auf. Beim Verkohlen geht nur etwa die Hälfte mit der Flamme wieder in die Atmosphäre zurück, die andere Hälfte wird dauerhaft in Kohle und fruchtbarem Humus gebunden. Dadurch werden Atmosphäre und Klima entlastet.

Pflanzenholzkohle entsteht durch Pyrolyse. Diese ist das Ergebnis einer unvollständigen Verbrennung von Biomasse. Für die Pyrolyse ist es wichtig, die Sauerstoffzufuhr zu lenken, so dass der Prozess mit der Verkohlung endet und nicht mit der Bildung von Asche. Um den richtigen Moment, wann der Verbrennungsvorgang durch Löschen mit Wasser beendet werden muss, zu erkennen, braucht es einige Erfahrung. Dies ist jedoch ohne langes Studium erlernbar. Natürlich muss auch stets auf Sicherheit geachtet werden, um Unfälle und Flächenbrände zu vermeiden. Das Verbrennen kann sowohl in extra zu diesem Zweck ausgehobenen Erdgruben, als auch mit speziell dafür entwickelten „Kon-Tiki-Wannen“ oder Pyrolyseöfen durchgeführt werden. Es gibt sogar sehr formschöne Pyrolyseöfen für Garten oder Terrasse, auf denen auch gekocht werden kann! (Normale Grillkohle wäre kein Ersatz für die durch Pyrolyse hergestellte Pflanzenholzkohle. Grillkohle wird auf andere, kommerzielle Weise hergestellt mit Hinblick auf den finanziellen Gewinn und kann dadurch giftige Bestandteile enthalten.) Rohstoff für die Pflanzenkohle sind alle Arten von Pflanzenabfällen. Trockenes Holz bringt die größte Ausbeute, es können jedoch auch alle anderen Pflanzenreste genutzt werden, sobald das Feuer richtig in Gang gebracht ist. Dadurch können abgestorbene und abgeschnittene Pflanzenteile, von denen es beim Gärtnern meist reichlich gibt, noch als Rohstoff genutzt und in den Kreislauf der Natur zurückgebracht werden.

Der zweite wichtige Baustein der Terra Preta ist der Kompost. Immer mehr Menschen beginnen, auf dem Balkon oder im Hinterhof Kräuter, Beeren und anderes Essbares anzupflanzen. Diese essbaren Pflanzen müssen gedüngt werden. Man will sie jedoch nicht unbedingt mit gekauftem Dünger düngen, dessen Bestandteile man ablehnt oder nicht einschätzen kann. Deshalb lohnt es sich, seine organischen Abfälle durch die Herstellung von Kompost in den Kreislauf der Natur zurückzubringen. Diesen Recyclingvorgang kann man im Wald, wo das Laub im Herbst abfällt, unter den Bäumen liegen bleibt und ohne die Einmischung der Menschen wieder zu nährstoffreicher Erde und Humus wird, gut nachvollziehen. (Auch dort liegt der Boden nie blank, sondern ist von einer nährstoffreichen, natürlichen Mulchschicht bedeckt!)

Um selbst Kompost herzustellen, braucht man keinen großen Garten. Man kann den Kompost auch zu Hause aus seinen eigenen organischen Abfällen herstellen. Diese in Japan entwickelte Art der Kompostierung in der Küche nennt sich „Bokashi“ (japanisch für „Allerlei“). Dazu braucht man lediglich zwei luftdichte 15 — 20 Liter große Eimer, am besten solche, die unten ein Sieb und einen Hahn zum Ablassen des Sickerwassers haben. Diese Eimer kann man fertig kaufen oder aus lebensmittelechten Eimern selbst herstellen. (Anleitung siehe „Anstiftung“ 2) Anfangs klingt das sehr umständlich, ist es aber nicht, denn zum Ausgleich dafür, dass man 1x täglich die gesammelten Küchenabfälle in den luftdichten Eimer füllt und mit Substanzen mischt, die den Fermentationsprozess begünstigen und das Ganze zusammendrückt, spart man sich das regelmäßige Entsorgen des müffeligen Küchenkomposts, das Reinigen des schimmeligen Komposteimers und das Vertreiben unzähliger lästiger Fruchtfliegen.

Im Idealfall stinkt Bokashi nicht, da es durch Milchsäurefermentation entsteht. So steht es zumindest in den Beschreibungen. Man kann es entweder regelmäßig mit relativ teurer Spezialstreu mischen, die auch EM enthält (Effektive Mikroorganismen). Oder, wenn man etwas mehr Erfahrung hat, mit Wasser, naturbelassenem Joghurt, Mehl oder aufgeweichten Brotresten und Pflanzenkohlepulver „füttern“ wie einen Sauerteig oder Maische. (Spezialrezept von Armin Siepe) Durch das Auffüllen mit Wasser entsteht Sickerwasser, das, stark verdünnt, als Dünger zum Gießen genutzt werden kann. Dieses kann allerdings sehr unangenehm nach Buttersäure riechen. Die Spezialstreu braucht man nicht jedes Mal neu kaufen. Wie bei einem Hermann- oder Sauerteig nimmt man immer zwei Handvoll vom alten Bokashi in den neuen Eimer, so dass die Mikroorganismen sich wieder neu vermehren können. Der Bokashi-Eimer muss an einem Ort stehen, der nicht zu heiß wird, da die Mikroorganismen bei über 45 °C absterben. Unter 5 °C gehen sie in eine Art Winterruhe. Also eher in der Küche oder im Flur als auf einem unüberdachten Südbalkon, der sehr heiß werden kann.

Wenn der Eimer voll ist, muss das Bokashi einige Wochen ruhen, um den luftdichten Fermentationsprozess der zuletzt eingefüllten Pflanzenabfälle zu Ende zu bringen. (Deshalb braucht man mindestens zwei Eimer, damit man gleich den nächsten wieder befüllen kann.) Anschließend wird das Bokashi in der Erde vergraben. Wer keinen eigenen Garten hat, füllt das Bokashi in einen großen Tontopf und stellt diesen kopfüber auf den Erdboden, so dass er Kontakt zu den Bodenwesen hat, die ihn dann zu Humus weiterverarbeiten. Dazu reicht eine kleine Fläche im Hinterhof. Den Bokashi-Kompost kann man im Verhältnis 10 : 1 mit zerkleinerter Pflanzenholzkohle mischen. Nun hat man Terra Preta. Diese wird nicht pur als Substrat benutzt, sondern wiederum mit Garten- oder Pflanzerde im Verhältnis von 1 : 5 bis 1 : 10 gemischt. Sehr hilfreich ist es, wenn man sich mit anderen Leuten, die Erfahrung mit der Herstellung von Terra Preta und Bokashi haben, gelegentlich austauschen kann.

Durch das stark verbesserte, gesunde Wachstum der Pflanzen wird eine wesentlich geringere Fläche zum Anbau von Lebensmitteln benötigt, was angesichts des Bevölkerungswachstums von enormer Wichtigkeit ist. Außerdem könnte Terra Preta, in großem Rahmen angewandt, die Klimaerwärmung aufhalten und gleichzeitig durch Bodenerosion entstehende Hungerkatastrophen bekämpfen. Wer Interesse an diesem Thema hat, kann sich bei Armin Siepe auf den Verteiler setzen lassen und erfährt so in seinen mehrmals jährlich erscheinenden Newslettern die Termine seiner Vorträge sowie wann und wo es im Großraum Karlsruhe eine Pflanzenholzkohleherstellung gibt. Dort darf man gerne zuschauen und sich über weitere Details informieren und austauschen.

Kontakt: Armin Siepe: siepe@posteo.de Zu den Fächergärtnern über die BUZO.

Literatur: Scheub, Ute; Terra Preta: Die schwarze Revolution aus dem Regenwald, oekom 2013

1 Pfützner, Caroline; Natürlich gärtnern mit Terra Preta: Praxiswissen für Garten, Hochbeet u. Balkon, oekom 2018, S. 36

2 Mehr zum Thema bei www.anstiftung.de Unter ?„Urbane Gärten“ ? „Praxiswissen“ gibt es dort Infos zu allen Themen rund ums urbane Gärtnern. Die Anstiftung bietet auch Workshops und Webinare an. Die Webinare kann man entweder live mitmachen oder hinterher im Netz anschauen.

Angelika Weißer, Fächergärtnerin am Marstall beim Schloss Gottesaue

Dies ist ein Artikel der Karlsruher Zeitschrift umwelt&verkehr 2/18

Stand des Artikels: 2018! Der Inhalt des Artikels könnte nicht mehr aktuell sein, der Autor nicht mehr erreichbar o.ä. Schauen Sie auch in unseren Themen-Index.

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